Erschienen in:
14.06.2018 | Priapismus | Medizinrecht
Hat der Arzt vor der Verabreichung eines Antikoagulans über das seltene Risiko eines Priapismus aufzuklären?
verfasst von:
Dr. jur. Marcus Vogeler
Erschienen in:
Die Unfallchirurgie
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Ausgabe 8/2018
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Zusammenfassung
Es gibt keine Arzneimittel ohne unerwünschte Nebenwirkungen. In der ärztlichen Praxis und insbesondere im Krankenhausalltag stellt sich daher bei der Gabe eines Medikaments täglich die Frage, ob und in welchem Umfang über mögliche Risiken und auch über Behandlungsalternativen zur angedachten Medikation aufzuklären ist. Dass auch in der täglichen Routine angewandte Arzneimittel zu „skurrilen“ Nebenwirkungen führen können, verdeutlich ein vom Landgericht Hannover entschiedener Fall: Ein Patient entwickelte nach einem unfallchirurgischen Eingriff einen durch Antikoagulanzien induzierten Priapismus. Die Behandlung selbst war nicht Gegenstand des Arzthaftungsprozesses; vorgeworfen wurde der behandelnden Klinik durch den Patienten aber die unterlassene Aufklärung über das Risiko eines Priapismus und die Behandlungsalternative mittels Rivaroxaban®, was beides unstreitig nicht erfolgt ist. Das Landgericht hatte nun zu entscheiden, ob eine so weitreichende Aufklärung geschuldet ist, was das Gericht im Ergebnis verneinte. Die Entscheidung, die durch das Oberlandesgericht Celle bestätigt wurde, lehrt aber: Es reicht nicht aus, zu Risiken und Nebenwirkungen den Patienten auf die Packungsbeilage zu verweisen. Vielmehr kann der Arzt rechtlich dazu verpflichtet sein, den Patienten mündlich auch über „Raritäten“ aufzuklären, wenn das Risiko typischerweise mit dem Medikament verbunden ist.