Behandeln interventionelle Kardiologen bei Nicht-ST-Hebungs-Myokardinfarkt (NSTEMI) wirklich immer die richtige Läsion? Eine neue Kardio-MRT-Studie an drei US-Zentren lässt daran Zweifel aufkommen. Bei rund der Hälfte der Patienten stellte sich die Situation in der Röhre anders dar als auf dem Kathetertisch.
An der unter Leitung des US-amerikanischen „Kardio-MRT-Papstes“ Prof. Raymond Kim von der Duke University publizierten Studie nahmen 114 Patienten mit NSTEMI- typischer Symptomatik und entsprechendem Troponin-Verlauf teil, die davor noch keinen Myokardinfarkt gehabt hatten. Bei allen Patienten erfolgte eine Ischämiebildgebung mit Kardio-MRT unter Nutzung des Late Enhancement Effekts, also der Anreicherung von Gadolinium in nekrotischem Myokard. Direkt nach der MRT folgte eine Koronarangiografie mit gegebenenfalls perkutaner Koronarintervention (PCI), ohne dass die Kardiologen Kenntnis vom MRT-Befund gehabt hätten.
Suche nach dem Infarktgefäß
Die eigentliche Analyse passierte im Nachgang: Sowohl Kardio-MRT-Bilder als auch die Angiografien wurden unabhängig ausgewertet, um das Infarktgefäß („culprit lesion“) zu identifizieren, soweit vorhanden. Zusätzlich wurde in den MRT-Bildern anhand des Late Enhancement-Patterns nach möglichen nicht-ischämischen Ursachen der Myokardnekrose gesucht.
Insgesamt gelang es den interventionellen Kardiologen bei 37 Prozent der Patienten nicht, per Koronarangiografie ein Infarktgefäß sicher zu identifizieren. Bei 6 von 10 dieser Patienten konnte die Kardio-MRT dieses Gefäß liefern. Bei weiteren 2 von 10 der Patienten ohne koronarangiografisch erkennbares Infarktgefäß wurde per Kardio-MRT eine nicht-ischämische, kardiale Diagnose gestellt, die Symptome und Troponinverlauf erklären konnte, darunter unter anderem Myokarditis, Takotsubo-Kardiomyopathie und kardiale Amyloidose.
Auch bei den 63 Prozent der Patienten, bei denen sich die angiografierenden Ärzte auf ein Infarktgefäß festlegten, lieferte die MRT teilweise eine abweichende Einschätzung. Bei 14 Prozent dieser Patienten deutete die MRT auf ein anderes Infarktgefäß hin, und bei 13 Prozent auf eine nicht-ischämische Ursache.
MRT-Befund weichte häufig vom Katheter-Befund ab
Insgesamt war die MRT demnach bei rund der Hälfte der NSTEMI-Patienten „anderer Auffassung“ als der Katheter. Die Studie zeigte auch, dass bei jedem vierten der insgesamt 55 Patienten, bei denen die Kardiologen eine koronare Rekanalisation vornahmen, das in der MRT beschriebene, wahrscheinliche Infarktgefäß, also die „Culprit Lesion“, gar nicht angegangen wurde.
Einschränkend weisen die Autoren darauf hin, dass die Zuordnung von Late Enhancement und akutem Infarkt per Kardio-MRT nicht völlig zuverlässig ist. Vor allem bei mehreren Infarkten bzw. zusätzlichen älteren Ischämieschäden kann es zu Zuordnungsproblemen kommen. Diese hätten in der aktuellen Studie aber keine Rolle gespielt, da es sich durchgängig um Patienten mit erstem Myokardinfarkt gehandelt habe.