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24.08.2022 | Kardiologie | Nachrichten

Luftschadstoffe und Herzinfarkt: Erhöhtes Risiko für Nichtraucher

verfasst von: Peter Overbeck

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Der Schadstoffgehalt in der Luft korrelierte in einer Berliner Studie mit der Häufigkeit von Herzinfarkten. Dass diese Assoziation nur bei Nichtrauchern, nicht aber bei Rauchern bestand, spricht nach Ansicht der Studienautoren sehr für einen ursächlichen Zusammenhang.

„Ja, das ist die Berliner Luft, Luft, Luft …“ heißt es in einem berühmten, im Jahr 1904 entstandenen Operetten-Lied. Diese Luft, die laut Liedtext durch ihren „holden Duft“ verzückt, hat eine Gruppe Berliner Forscherinnen und Forscher um Dr. Insa de Buhr-Stockburger aus Nauen nun in einer Studie sehr genau untersucht – mit einem allerdings eher prosaischen Ergebnis.

Die Analyse ergab nämlich, dass der Gehalt an Stickoxid (NO) und Feinstaubpartikeln mit einem Durchmesser von weniger als 10 μm (PM10) in der Berliner Luft direkt mit dem Auftreten von Myokardinfarkten assoziiert war. Allerdings bestand diese Assoziation nur bei Menschen, die nicht rauchten, nicht aber bei Rauchern.

Raucher sorgen bereits selbst für eine hohe Schadstoffexposition

Die Studie, die in Kürze beim Kongress der europäischen Kardiologengesellschaft ESC in Barcelona vorgestellt werden sollen, ist schon vorab in einer ESC-Pressemitteilung thematisiert worden. Studienautorin de Buhr-Stockburger nimmt darin zu den Ergebnissen Stellung: „Die Korrelation zwischen Luftverschmutzung und Herzinfarkte in unserer Studie war bei Rauchern nicht vorhanden. Das könnte darauf hinweisen, dass schlechte Luft tatsächlich Herzinfarkte verursachen kann, da Raucher, die sich permanent selbst gegenüber Luftschadstoffen exponieren, durch zusätzliche externe Schadstoffe weniger betroffen waren“.

Die aktuelle Analyse stützt sich laut ESC-Pressemitteilung auf Daten von 17.873 Patientinnen und Patienten mit akutem Myokardinfarkt, die in der Zeit zwischen 2008 und 2014 in das primär zur Qualitätssicherung initiierte Berlin-Brandenburger Herzinfarktregister (B2HIR) aufgenommen worden waren.

Anhand der B2HIR-Daten haben die Untersucher zum einen die tägliche Zahl der im Untersuchungszeitraum aufgetretenen Herzinfarkte ermittelt. Die so erfasste Herzinfarktinzidenz ist dann jeweils tagesgenau in Beziehung zu den Luftschadstoffkonzentrationen (NO und PM10) gesetzt worden. Detaillierte Informationen zu entsprechenden Konzentrationen sind in Berlin über das „Berliner Luftgütemessnetz“ verfügbar. Zudem wurden für die Studie tagesgenaue Wetterdaten der Station Berlin-Tempelhof bezüglich Parameter wie Tagesmaximaltemperatur, Niederschläge und Sonnenscheindauer herangezogen.

Mehr Herzinfarkte bei hoher Stickoxid- und Feinstaubbelastung

Die Analyse ergab, dass Herzinfarkte an Tagen mit hoher Stickoxidbelastung der Luft häufiger auftraten. Mit jeder Zunahme der Stickoxidkonzentration um 10 μg/m3 erhöhte sich die Inzidenz von Myokardinfarkten um 1%. Eine Zunahme von Herzinfarkten war auch dann zu beobachten, wenn die durchschnittliche PM10-Konzentration in den vorangegangenen drei Tagen hoch war. In diesem Fall war jede Zunahme der PM10-Konzentration um 10 μg/m3 mit einem Anstieg der Infarktinzidenz um 4% assoziiert. Bei Rauchern standen Stickoxid- und PM10-Konzentration allerdings in keiner Beziehung zur Häufigkeit von Herzinfarkten.

Von den Wetterparameter korrelierte nur die Tagesmaximaltemperatur (invers) mit der Infarkthäufigkeit: Mit jedem Temperaturanstieg um 10°C nahm die Inzidenz von Myokardinfarkten um 6% ab. Eine Assoziation mit der Sonnenscheindauer oder mit Niederschlägen wurde nicht festgestellt.

Noch kein Beweis für Kausalität

„Die Studie weist darauf hin, dass schadstoffbelastete Luft ein Risikofaktor für einen akuten Myokardinfarkt ist und mehr Anstrengungen zur Verringerung der Luftverschmutzung durch Autoverkehr und Verbrennungsprozesse notwendig sind. Kausalität kann aber durch eine Beobachtungsstudie nicht bewiesen werden“, so de Buhr-Stockburger in der ESC-Pressemitteilung. Nach ihrer Ansicht spricht einiges dafür, dass Luftschadstoffe wie Stickoxid und Feinstaubpartikel über proinflammatorische Effekte die Entstehung von Herzinfarkten begünstigen.

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Literatur

Abstract „Association of air pollutants, weather variables, and myocardial infarction incidence in Berlin. Astudy of the Berlin Brandenburg Myocardial Infarction Registry (B2HIR) based on 17873 cases", ESC Congress 2022; 26. bis 29. August in Barcelona

ESC-Pressemitteilung: Air pollution is associated with heart attacksin non-smokers, veröffentlicht am 23.08.2022

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