Von welchen Arzneien die Leber profitiert

Mindestens zehn Prozent des ursprünglichen Körpergewichts müssen runter, soll der Krankheitsverlauf einer nicht alkoholischen Steatohepatitis (NASH) gestoppt bzw. umgekehrt werden. Im Praxisalltag schaffen das die wenigsten Patienten. Gefragt sind daher wirksame Medikamente. Welche Wirkstoffe als potenzielle Kandidaten gehandelt werden, war Thema beim diesjährigen Hepato-Update-Seminar. „Der Erkrankungsverlauf einer nicht alkoholischen Steatohepatitis (NASH) ist keine Einbahnstraße, der Prozess ist erfreulicherweise reversibel, selbst im Stadium der fortgeschrittenen Fibrose“, betonte Prof. Frank Tacke, Leiter der Klinik für Hepatologie und Gastroenterologie an der Charité in Berlin, beim diesjährigen Hepato-Update-Seminar und unterstrich damit die Notwendigkeit wirksamer Therapieoptionen. Das Problem mit den guten Vorsätzen Viel bewirken lasse sich mit einer Änderung des Lebensstils, so Tacke. Gewichtsreduktion um mindestens 5% bzw. um 10% bei Fibrose, mediterrane Kost sowie Verzicht auf zuckerhaltige Getränke sowie Süßigkeiten und Snacks gehören ebenso zu den sinnvollen Empfehlungen wie ausreichend Bewegung. Der Nutzen dieser Maßnahmen sei hinlänglich belegt, nur die Umsetzung im Praxisalltag ist erfahrungsgemäß schwierig. GLP-1-Analoga – doppelt wirksam Hoffnung setze man daher auf Wirkstoffe, mit denen die Gewichtsreduktion unterstützt und die NASH positiv beeinflusst werden kann. Von GLP-1-Analoga beispielsweise wisse man um deren günstigen Effekte auf Gewicht und kardiovaskuläre Endpunkte bei Typ-2-Diabetikern. Innerhalb dieser Wirkstoffklasse scheint Semaglutid den wahrscheinlich größten Benefit für NASH-Patienten mit Typ-2-Diabetes zu entfalten, wie Tacke ausführte. Er verwies auf eine aktuelle Studie, in der über mehr als eineinhalb Jahre der Gewichtsverlauf bei Lebensstiländerung plus Semaglutid im Vergleich zu Lebensstiländerung plus Placebo untersucht worden war (Wilding JHP et al. N Engl J Med 2021; 384: 989). Den in der Verumgruppe erreichten Gewichtsverlust von 14,9% des ursprünglichen Körpergewichts (15,3 kg) bezeichnete Tacke als eindrucksvoll. Unter Placebo waren es nur 2,4% (2,6 kg). Das Körpergewicht um die angestrebten 10% reduziert hatten 69% der mit Semaglutid behandelten Patienten. Die nur mäßige gastrointestinale Verträglichkeit des Wirkstoffes und die mit 2,4 mg einmal pro Woche im Vergleich zur Diabetestherapie deutlich höhere Dosierung (1 mg/Woche) haben aber dazu geführt, dass immerhin 4,5% der Probanden die Therapie wegen Übelkeit und Durchfall abgebrochen haben. Empfehlung der Redaktion Erkrankungen von Leber und Gallenwegen Alles zur Diagnostik und Therapie von Leber- und Gallenwegskrankheiten: Cholelithiasis, Cholangitis, Cholezystitis, Hepatitis, NASH, Leberzirrhose, Hepatozelluläres Karzinom und viele weitere Erkrankungen. Zur Wirksamkeit im Hinblick auf die NASH zitierte Tacke eine Arbeit aus dem Jahr 2020 (Hofmann WP et al. JHEP Rep 2020). Getestet wurde darin Semaglutid in drei verschiedenen Dosierungen, 0,1 mg, 0,2 mg bzw. 0,4 mg einmal täglich, versus Placebo. In der Folgebiopsie nach 72 Wochen war bei einem erheblichen Anteil der Verumpatienten die Resolution der NASH nachweisbar, d.h. die entzündliche Infiltration der Leber sowie die Ballonierung der Hepatozyten waren verschwunden. Etwas ernüchternd beurteilte Tacke die Ergebnisse zur Fibrose: „Eine Verbesserung war nicht signifikant nachweisbar, zumindest nicht in der Intention-to-Treat-Analyse.“ In der Per-Protokoll-Analyse lasse sich aber bei hoher Dosierung ein leichter Effekt erkennen, so Tacke. Lebereffekte weiterer Antidiabetika Zu den SGLT2-Hemmer gebe es ‒ anders als zu den GLP-1-Analoga ‒ bislang nur wenige Daten aus randomisiert kontrollierten Studien bezüglich deren Wirksamkeit auf die NASH. „Besonders Histologie-gesteuerte Daten fehlen.“ Vermutlich könne man aber von einem positiven Effekt auf die Leber ausgehen, so Tacke. Metformin wiederum habe keinen direkten Effekt auf Steatosen oder Steatohepatitiden, senke aber das Krebsrisiko, auch das Risiko hepatozellulärer Karzinome. Bei Child-A-Zirrhosen wird nach Tackes Ausführungen Metformin bis zu einer Dosierung von 2 g/Tag eingesetzt, um hepatischen Dekompensationen vorzubeugen. Spezifisch wirksame Substanzen in Erprobung Während GLP-1-Analoga, SGLT2-Hemmer und Metformin allgemein in den Metabolismus eingreifen und nicht leberspezifisch wirken, wird mit spezifisch wirksamen Substanzen versucht, die Transition von metabolischem Schadensreiz zu Lebererkrankung zu entkoppeln. Eine Substanzgruppe, die nach Tackes Ausführungen für viel Aufregung sorgte, sind die Liganden der Peroxisom-Proliferator-aktivierten Rezeptoren (PPAR), dazu gehören unter anderem altbekannte Wirkstoffe wie die Glitazone, aber auch Fenofibrat. Im Hinblick auf die NASH getestet wurden Elafibranor und Lanifibranor zwei neuere Substanzen, die mehr als einen dieser PPAR-Pathways ansteuern. Leider konnte Elafibranor in einer aktuellen Phase-III-Studie weder in puncto NASH-Resolution noch in puncto Fibroseverbesserung überzeugen, wie Tacke einräumte (Harrison SA et al. AASLD 2020 Late Breaker LP23). Die Ergebnisse einer Phase-II-Studie mit Lanifibranor bezeichnete der Berliner Hepatologe hingegen als vielversprechend (Francque S et al. ASSLD Liver Meeting 2020, Abstract 12). Von weiteren Substanzen, die aktuell in Phase-III-Studien überprüft werden, konnte nur Obeticholsäure überzeugen und möglicherweise ist sie bald für Patienten mit F3-Fibrose verfügbar.

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