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AE-Manual der Endoprothetik
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Publiziert am: 14.12.2022

Einführendes Kapitel für sämtliche Frakturfolgezustände der proximalen Humerusfraktur

Verfasst von: Malte Holschen, Falk Reuther, Sven Lichtenberg, Jörn Steinbeck und Ludwig Seebauer
Aufgrund des demografischen Wandels steigt die Inzidenz proximaler Humerusfrakturen, was wiederum auch die Inzidenz von Frakturfolgezuständen erhöht. Diese entstehen durch ausbleibende Heilung, Pseudarthrose, avaskuläre Knochennekrose oder Fehlstellung der frakturierten Anteile des proximalen Humerus. Die wohl bekannteste Klassifikation von Boileau unterscheidet intra- und extrakapsuläre Frakturfolgezustände nach dem Aspekt, ob eine anatomische Prothese implantiert werden kann bzw. das Tuberculum majus osteotomiert werden muss. Die Einteilung erfolgt anhand standardisierter Röntgenbilder des Schultergelenkes (true a. p., Y und axial). Für die genaue Darstellung der Morphologie des Frakturfolgezustandes, der knöchernen Konsolidierung sowie der Weichteilsituation empfiehlt sich die Computertomografie sowie gegebenenfalls eine Kernspintomografie. Voraussetzung für gelenkerhaltende Eingriffe ist ein intaktes Glenohumeralgelenk. Hier steht von kleineren arthroskopischen Eingriffen bis zu offenen Reosteosynthesen mit oder ohne Korrekturosteotomie eine große Bandbreite an Verfahren zur Verfügung. Für die Versorgung mit anatomischen Schulterprothesen eignen sich vor allem intrakapsuläre Frakturfolgezustände wie Humeruskopfnekrosen oder Luxationsfolgen. Bei Pseudarthrosen mit Gelenkdefekt und erheblicher Deformität der Geometrie des proximalen Humerus eignen sich inverse Schulterprothesen. Eingriffe bei Frakturfolgezuständen verbessern die Funktion und vermindern Schmerzen. Die Ergebnisse sowohl nach Revision bzw. Korrekturosteotomie, aber auch nach Endoprothetik bleiben aber hinter den Ergebnissen nach Primäreingriff, z. B. für Omarthrose oder Defektarthropathie deutlich zurück bei z. T. relevant erhöhten Komplikationssraten. Grund hierfür sind unter anderem die erhöhte Infektrate sowie neurologische und weichteilbedingte Probleme.

Epidemiologie und Pathogenese

Aufgrund des demografischen Wandels steigt die Inzidenz proximaler Humerusfrakturen an. Dieses gilt in besonderem Maß für die weibliche Bevölkerung (Bahrs et al. 2014). Mit dieser steigenden Inzidenz erhöht sich auch das Risiko für Frakturfolgezustände mit schmerzhaft eingeschränkter Schulterfunktion. Die Lebensqualität der betroffenen Patienten kann stark beeinträchtigt sein.
Schlechte funktionelle Ergebnisse nach proximaler Humerusfraktur können sowohl nach operativer als auch nach konservativer Therapie entstehen. Iatrogene Ursachen können eine falsche Entscheidung zwischen operativer oder konservativer Therapie, aber auch eine insuffizient durchgeführte operative Therapie sein. So besteht mit bislang 25 % eine hohe Revisionsrate nach plattenosteosynthetischer Versorgung proximaler Humerusfrakturen (Laux et al. 2017).
Unabhängig von der Therapieentscheidung und deren technischer Durchführung bestehen grundsätzliche Risiken für unbefriedigende Ergebnisse nach proximaler Humerusfraktur. Hier sind vor allem die Osteoporose, die avaskuläre Knochennekrose, die Pseudarthrose und die Rotatorenmanschetteninsuffizienz zu erwähnen. Aufgrund der kritischen Gefäßversorgung des proximalen Humerus kann die avaskuläre Nekrose sowohl die Tuberkula als auch den Humeruskopf betreffen. Kombinierte Nekrosen der Tuberkula und des Humeruskopfes sind vor allem bei stark dislozierten Frakturen mit mangelnder Reposition und verminderter Knochenqualität zu erwarten. In diesen Fällen droht neben der avaskulären Nekrose auch eine Pseudarthrose.
Während die Nekrose oder die Fehlstellung der Tuberkula mit einer sekundären Rotatorenmanschetteninsuffizienz verbunden sind, führt die Humeruskopfnekrose zu einem Kollaps des Humeruskopfes (Murray et al. 2011). Das Risiko für eine Humeruskopfnekrose hängt neben der Größe des Kalottenfragmentes von der Achsabweichung und der Integrität der Kalkarregion ab (Hertel et al. 2004). Eine Valgusimpaktion der Kalotte mindert das Risiko für eine Nekrose (Jakob et al. 1991).
Häufig ist auch das Glenoid sekundär von Frakturfolgezuständen des proximalen Humerus betroffen. Eine sekundäre Rotatorenmanschetteninsuffizienz kann mit einer statischen oder dynamischen Migration des Humeruskopfes mit exzentrischem Glenoidverschleiß assoziiert sein.
Es liegt nahe, dass verhakte Luxationen aufgrund einer Restbeweglichkeit in der Defektzone das Glenoid schädigen können. Ein Kollaps des Humeruskopfes führt langfristig zu einer posttraumatischen Omarthrose mit sekundärer Gelenksteife, da der inkongruente Humeruskopf den Glenoidknorpel sukzessive schädigt. Die Schädigungen des Glenoids können dabei so weitreichend sein, dass der erforderliche endoprothetische Ersatz auf der Glenoidseite nahezu unmöglich wird oder zumindest einen aufwendigen Knochenaufbau erfordert.
Die wohl bekannteste Klassifikation von Frakturfolgezuständen wurde im Rahmen einer Multicenterstudie von Boileau et al. im Jahre 1999 erstellt (Abb. 1) (Boileau et al. 1999). Hier wurden nach der radiologischen Auswertung von 71 Frakturfolgezuständen 4 Haupttypen beschrieben, die jeweils mit einer Schulterhemiendoprothese mit Schaft versorgt wurden:
  • Typ 1: Kollaps oder Nekrose der Kopfkalotte,
  • Typ 2: verhakte Luxation oder Luxationsfraktur,
  • Typ 3: Pseudarthrose im chirurgischen Hals,
  • Typ 4: schwere Fehlstellung der Tuberkula.
Die Typen 1 und 2 wurden in dieser Klassifikation als intrakapsuläre und impaktierte Frakturfolgen, die Typen 3 und 4 als extrakapsuläre und nichtimpaktierte Frakturfolgen beschrieben. Das entscheidende Kriterium für die Vorhersage der klinischen Ergebnisse nach Schulterhemiendoprothese war die Notwendigkeit einer Osteotomie des Tuberculum majus bei entsprechender Fehlpositionierung für die Frakturfolgezustände Typ 3 und Typ 4. In diesen Fällen waren die postoperativen Ergebnisse schlechter und schwer vorhersehbar.
Da die Boileau-Klassifikation im Zusammenhang mit den Ergebnissen nach Schulterhemiendoprothese mit Schaft erstellt wurde, ist sie nicht als alleinige Richtlinie für die Versorgung von Frakturfolgezuständen des proximalen Humerus zu verstehen. Allerdings unterstützt sie die Therapieentscheidung und sensibilisiert den Schulterchirurgen für potenzielle Risikofaktoren für Revisionseingriffe. Zusätzlich stellt sie die gebräuchlichste Klassifikation dar und ist Grundlage der meisten Studien mit Bezug auf Frakturfolgezustände.
Für das grundsätzliche Verständnis von Frakturen ebenso wie von Frakturfolgezuständen ist es hilfreich sich die Dislokationsrichtungen der einzelnen Fragmente des proximalen Humerus vor Augen zu führen. In der Regel sind die Fragmente entsprechend ihrer Muskelzugrichtungen disloziert und verheilen im weiteren Verlauf in Fehlstellung oder verbleiben in einem pseudarthrotischen Verbund (Duparc 2013) (Abb. 2):
  • Tuberkulum majus: dorsokranial,
  • Tuberkulum minus: medial,
  • Humerusschaft: medial,
  • Kalotte: Varus- und Valgus- sowie Rotationsfehlstellung.
Voraussetzung für eine erfolgreiche Reosteosynthese oder Korrekturosteotomie ist eine intakte Humerus- und Glenoidgelenkfläche sowie eine funktionsfähige Rotatorenmanschette.
Neben der Reosteosynthese oder der Korrekturosteotomie (Lill et al. 2015) stehen mit dem schaftfreien Humeruskopfersatz und der inversen Schulterendoprothese weitere Therapieoptionen zur Verfügung. Die inverse Schulterendoprothese spielt gerade in dem älteren weiblichen Patientenkollektiv mit Osteoporose und nichtrekonstruierbaren Tuberkula eine bedeutende Rolle als Revisionsstrategie. Trotz einer erhöhten Komplikationsrate führt die inverse Schulterendoprothese im Zusammenhang mit Frakturfolgezuständen zu einer deutlichen Funktionsverbesserung und einer damit verbundenen gesteigerten Lebensqualität (Hattrup et al. 2016).
Fehlgeschlagene Frakturhemiendoprothesen sind im weiter gefassten Sinne auch Frakturfolgezustände. Das Versagen dieser Hemiendoprothesen ist in der Regel auch mit nekrotischen, pseudarthrotischen und inadäquat rekonstruierten Tuberkula assoziiert. Dieses gilt vor allen Dingen für ältere Patienten mit schlechter Knochenqualität (Park et al. 2017).

Diagnostische Kriterien für die Indikationsstellung, inklusive spezifischer Bildgebung

Anamnese

Die Anamnese ist ein entscheidender Punkt für die Indikationsstellung. Zunächst wird evaluiert, wie hoch der Leidensdruck der betroffenen Patienten ist und welches Ausmaß die körperliche Beeinträchtigung aufgrund des Frakturfolgezustandes angenommen hat. Zudem sollte die Anamnese auf Voroperationen und Komplikationen abzielen. Infektionen und neurovaskuläre Komplikationen sind in diesem Zusammenhang von Bedeutung. Im Falle von neurologischen oder infektiologischen Komplikationen sind entsprechende Vorbefunde einzuholen, um die weitere Therapie zu planen und über die zu erwartenden Risiken besser aufklären zu können.

Klinische Untersuchung

Bei der klinischen Untersuchung werden zunächst beide Schultern inspiziert. Hier wird auf sichtbare Fehlstellungen wie eine statische anterosuperiore Migration des Humeruskopfes, aber auch auf vorhandene Muskelatrophien geachtet. Eine Atrophie des M. deltoideus kann ein Hinweis für eine Läsion des N. axillaris sein. Allerdings ist bei vorangegangenen Traumen auch auf Atrophien der Mm. infra- und supraspinatus sowie auch Fehlstellungen der Skapula zu achten.
Anschließend werden sowohl das aktive und auch das passive Bewegungsausmaß geprüft. Hier kann zwischen einer Pseudoparalyse mit schlechter aktiver und besserer passiver Beweglichkeit und einer posttraumatischen Schultersteife mit schlechter aktiver und passiver Beweglichkeit unterschieden werden. Mischbilder sind in diesem Zusammenhang möglich. Weiterhin sind die spezifischen Tests der Rotatorenmanschette wichtig bei der Entscheidungsfindung für ein Endoprothesenmodell. Liegt klinisch eine deutliche Rotatorenmanschetteninsuffizienz vor, spricht dies gegen die Versorgung mit einer Reosteosynthese oder einer anatomischen Endoprothese. Allerdings müssen diese klinischen Befunde zusammen mit der entsprechenden Bildgebung beurteilt werden. Besteht eine erhebliche Schwäche der aktiven Außenrotation mit positiven Hornblower-Zeichen oder LAG-Zeichen sollten Maßnahmen zur Verbesserung der aktiven Außenrotationsfähigkeit durch einen Latissimus-Transfer in Erwägung gezogen werden. Wichtig für die Prognose ist die Integrität des M. teres minor als dem distalsten Außendreher.
Neben der klinischen Untersuchung ist eine präoperative laborchemische Diagnostik erforderlich für Hinweise auf ein mögliches Infektgeschehen. Normwertige Entzündungsparameter schließen eine Infektion allerdings nicht aus. Gegebenenfalls kann auch eine Punktion der Bursa subacromialis und des Glenohumeralgelenkes mit nachfolgender mikrobiologischer Diagnostik und Zellzahlbestimmung oder eine diagnostische Arthroskopie durchgeführt werden.

Spezifische Bildgebung

Standardmäßig müssen true a. p. und axiale Aufnahmen des betroffenen Schultergelenkes angefertigt werden (Abb. 3). Bei eingeschränkter passiver Abduktionsfähigkeit kann anstelle der axialen Aufnahme eine Y-Aufnahme angefertigt werden. Anhand dieser beiden Röntgenbilder lässt sich der Frakturfolgezustand nach Boileau bereits klassifizieren. Neben der Stellung der Tuberkula, dem Humeruskopfhochstand und der knöchernen Konsolidierung lassen sich verhakte Luxationen, Subluxationen, Pseudarthrosen und Nekrosen gut erkennen. Auch die Schädigung des Glenoids und die verbliebenen Metallimplantate sind beurteilbar.
Als weiteres Basisdiagnostikum steht die Sonografie zur Verfügung. Hierdurch können Flüssigkeitsansammlungen bei chronischen Seromen und Infektion und vor allen Dingen der Status der Rotatorenmanschette beurteilt werden.
Für die genaue Darstellung der Morphologie des Frakturfolgezustandes und der knöchernen Konsolidierung ist die Computertomografie am besten geeignet (Abb. 4).
Dreidimensionale Darstellungen veranschaulichen die knöchernen Lagebeziehungen des proximalen Humerus und des Glenoids (Abb. 5). Fragen bezüglich der Integrität der Kalotte nach Head-Split-Frakturen oder bei verhakten Luxationen sind für die Indikationsstellung eines gelenkerhaltenden Verfahrens wichtig und können anhand der Computertomografie gut beantwortet werden. Auch Schädigungen des Glenoids durch penetrierende Schrauben des proximalen Humerus oder Frakturfehlstellungen können computertomografisch beurteilt werden. In der Regel lassen sich Metallartefakte in der Computertomografie gut ausblenden, weswegen sie bei auch bei einliegendem Osteosynthesematerial zur Anwendung kommen kann.
Der Status der Rotatorenmanschette lässt sich in der Computertomografie anhand der Atrophie und fettigen Infiltration der Muskulatur beurteilen (Goutallier et al. 1994). Für die direkte Beurteilung der Rotatorenmanschette ist eine zusätzliche Arthrografie mit Kontrastmittel erforderlich.
Die Magnetresonanztomografie hat im Rahmen der Darstellung knöcherner Verhältnisse gewisse Schwächen, eignet sich jedoch gut zum Nachweis einer Osteomyelitis, einer Osteonekrose und einer Pseudarthrose (Morshed 2014; Lee et al. 2016). Zusätzlich können sowohl die Knorpelverhältnisse als auch der Status der Rotatorenmanschette ideal dargestellt werden (Abb. 6), sofern Metallimplantate nicht für Artefakte sorgen.
Die Szintigrafie dient besonderen Fragestellungen wie der Aktivität des Knochenstoffwechsels bei Pseudarthrose oder Osteonekrose. Die Leukozytenszintigrafie kann zum Nachweis eines infektiologischen Geschehens beitragen.

Möglichkeiten der konservativen Therapie

Neben dem Leidensdruck der betroffenen Patienten hängt die Entscheidungsfindung zugunsten einer konservativen Therapie auch von den Aussichten eines operativen Eingriffes und individuellen Risikofaktoren ab. Sofern noch keine konservative Therapie erfolgt ist, kann diese zunächst grundsätzlich für die Frakturfolgezustände Typ 1, 3 und 4 erwogen werden, da eine akute Verschlechterung durch die konservative Therapie unwahrscheinlich ist. Allerdings muss die konservative Therapie überwacht werden, da beispielsweise ein progredienter Verschleiß des Glenoids, eine zunehmende Kapselkontraktur und die fettige Infiltration der Rotatorenmanschette ungünstige prognostische Faktoren für eine spätere Operation sind. Bei verhakten Luxationen (Frakturfolgezustand Typ 2 nach Boileau) ist die konservative Therapie aufgrund der Gefahr der progredienten Glenoiddestruktion nur bei schwer vorerkrankten Patienten mit geringen funktionellen Ansprüchen indiziert.
Zur konservativen Therapie stehen neben Krankengymnastik mit dem Ziel der Kraftsteigerung und der Verbesserung der aktiven und passiven Beweglichkeit systemische Analgetika nach dem WHO-Stufenschema zur Verfügung. Bei ausgeprägter posttraumatischer adhäsiver Kapsulitis kann auch eine systemische Kortisonstufentherapie in Erwägung gezogen werden.
Bei verzögerter Frakturheilung oder Pseudarthrose stellt die Induktion der Frakturheilung durch extrakorporaler Stoßwellentherapie eine Option dar (D Agostino et al. 2016). Allerdings liegen für die Indikation bei Frakturfolgezustand am proximalen Humerus noch keine belastbaren Daten vor. Diese Therapieform müsste somit eingehend mit den Patienten erörtert werden und könnte ohnehin nur bei Pseudarthrosen ohne wesentliche Fehlstellung erfolgen.

Gelenkerhaltende operative Therapieoptionen

In der Wiederherstellungschirurgie sollte der Gelenkerhalt immer dem Gelenkersatz vorgezogen werden. Von kleineren arthroskopischen Eingriffen bis zu aufwendigen Reosteosynthesen mit oder ohne Korrekturosteotomie steht eine große Bandbreite an gelenkerhaltenden Verfahren zur Verfügung.

Arthroskopische Therapie

Bei konservativ nicht therapierbarer Schultersteife ohne wesentliche posttraumatische Deformität oder Arthrose kann ein arthroskopischer Kapsel- und extraartikulärer Release mit guten Erfolgsaussichten durchgeführt werden, auch in Kombination mit einer Metallentfernung. Posttraumatische Rotatorenmanschettendefekte können arthroskopisch rekonstruiert werden.
Knochenüberstände des Tuberculum majus mit konsekutivem subakromialen Impingementsyndrom bzw. des Tuberculum minus mit konsekutivem subkorakoidalem Impingement lassen sich mit einer Walzenfräse abtragen. Eine subakromiale oder subkorakoidale Dekompression ergänzen die Therapie. Die arthroskopische Abtragung des Tuberculum majus und Refixation der Rotatorenmanschette mit adäquater Vorspannung ist ebenfalls beschrieben (Ladermann et al. 2012).
Die lange Bizepssehne kann weichteilig oder durch knöcherne Fehlstellungen beeinträchtigt sein und erhebliche Beschwerden verursachen. Diese lassen sich mit einer Tenotomie oder subpektoralen Tenodese behandeln.
Zum Ausschluss eines Infektgeschehens des Glenohumeralgelenkes und der Bursa subacromialis sollten arthroskopisch Gewebeproben für die histologische und mikrobiologische Diagnostik vor einer Antibiotikaprophylaxe entnommen werden.

Reosteosynthese mit fakultativer Korrekturosteotomie

Reosteosynthesen von Fehlstellungen sollten nur indiziert werden, wenn die Gelenkflächen und auch die Rotatorenmanschette intakt und funktionsfähig sind.
Dies gilt vor allem für jüngere Patienten mit Fehlstellungen der Tuberkula oder des chirurgischen Halses. Auch die verhakte Luxation des jüngeren Patienten kann oft gelenkerhaltend versorgt werden. Bei Pseudarthrosen sollte eine Reosteosynthese in Kombination mit autologer Spongiosa erfolgen. Knöcherne Defekte lassen sich mit entsprechend dimensionierten Beckenkammspänen oder Allografts rekonstruieren.
Dislozierte kleine Tuberkula werden günstig mit Fadenankerrekonstruktionen in Doppelreihentechnik versorgt. Größere Tuberculum-majus-Fragmente sollten hingegen mit einer winkelstabilen Plattenosteosynthese oder bei guter Knochenqualität auch mit isolierten Schraubenosteosynthesen stabilisiert werden.
Reosteosynthesen sind vor allem bei Typ-3-Frakturfolgen, d. h. Pseudarthrosen, zu bevorzugen. Die Einzelheiten hierzu werden in den nachfolgenden Kapiteln beschrieben.
Bei Reosteosynthesen sollen die Tuberkula aber auch die Kalotte anatomisch rekonstruiert werden. Hierfür sind oft Korrekturosteotomien erforderlich. Bei Valgusfehlstellung erfolgen diese von lateral auf Höhe des chirurgischen Halses in öffnender Technik mit einem autologen Knocheninterponat, bei Varusfehlstellung in schließender Technik in der Regel ohne Interponat.
Für Typ-2-Frakturfolgezustände bestehen im Falle dorsal verhakter Luxationen mehrere gelenkerhaltende Therapieoptionen. Nach Reposition der Luxation kann der Reverse Hill-Sachs-Defekt mit einer Tenodese der Subskapularissehne, mit einer Transposition des Tuberculum minus nach McLaughlin oder mit einer Auffüllung durch einen Beckenkammspan rekonstruiert werden. Bei sehr großen Defekten besteht die Möglichkeit einer Humeruskopfrekonstruktion mit femoralem Allograft.

Operative Techniken und praktische Aspekte des Gelenkersatzes

Da Patienten mit Frakturfolgezuständen häufig älter sind, ist auch aufgrund von Begleiterkrankungen mit dem einhergehenden Narkoserisiko eine definitive Versorgung anzustreben. Daher ist häufig der Ersatz des Schultergelenkes in anatomischer oder inverser Form angezeigt. Gerade die inverse Schulterendoprothetik spielt in diesem Patientenkollektiv eine wichtige Rolle, da die Tuberkula keine Grundvoraussetzung für die Funktionsfähigkeit der Endoprothese sind.
Sollte ein Infektionsverdacht bestehen, muss präoperativ ein Infektausschluss mittels Punktion oder idealerweise arthroskopischer Entnahme von Gewebeproben erfolgen. Falls eine Infektion nachgewiesen wird, ist ein Gelenkersatz erst nach Infektsanierung möglich. Die Infektsanierung muss im Falle einer geplanten endoprothetischen Versorgung radikal sein (Humeruskopfresektion, Glenoidentknorpelung, radikale Bursektomie und Synovektomie, sowie Resektion avaskulärer und nekrotischer Gewebeanteile). Sinnvollerweise wird die Infektsanierung vor geplantem endoprothetischen Ersatz mit einem antibiotikahaltigem Zementspacer kombiniert. Wenn im Rahmen eines zweizeitigen Vorgehens eine Schulterendoprothese implantiert wird, sollte nach Absprache mit der Mikrobiologie eine ausreichend langandauernde und resistogrammgerechte Antibiotikaprophylaxe eingesetzt werden.
Nach Osteosynthesen oder vorausgegangenen mehrfachen Engriffen besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko. In der Regel sollte daher die Metallentfernung mit Probengewinnung und der endoprothetische Ersatz zweizeitig erfolgen.

Therapie von Frakturfolgezuständen mit Humeruskopfteilersatz

Auch wenn der Humeruskopfteilersatz eine untergeordnete Rolle für die Versorgung von Frakturfolgezuständen spielt, soll er hier kurz erwähnt werden. Isolierte Nekrosezonen der Kalotte von einem Durchmesser bis 40 mm können mit Teilprothesen (Hemicap, Arthrosurface Inc. www.arthrosurface.com) in offener Technik behandelt werden. Die Indikation muss kritisch gestellt werden, da sich häufig eine Arthrose entwickelt, die durch den Teilersatz nicht aufgehalten werden kann. Neben einer adäquaten präoperativen Diagnostik inklusive einer Magnetresonanztomografie empfiehlt sich eine intraoperative Arthroskopie zur Beurteilung der Gelenkpfanne und des Defektausmaßes des Humeruskopfes. Bei grenzwertigen Situationen sollte die Indikation großzügig zu Gunsten eines vollständigen Gelenkersatz gestellt werden.
Eine weitere Indikation stellen verhakte Luxationen mit Kalottendefekten dar. Der Teilersatz des Humeruskopfes erfolgt anstelle eines autologen Knochen-/allogenen Gelenktransplantats.

Therapie von Frakturfolgezuständen mit anatomischen Schulterendoprothesen

Für die Versorgung mit anatomischen Schulterendoprothesen eignen sich vor allem die intrakapsulären Frakturfolgezustände Typ 1 und Typ 2 nach Boileau (Boileau et al. 2006). In diesen Fällen wird eine Osteotomie des Tuberculum majus vermieden und die Ergebnisse sind besser vorhersagbar (Boileau et al. 2001). Valgusimpaktierte Frakturfolgezustände sind im Vergleich zu varusimpaktierten mit besseren postoperativen Ergebnissen assoziiert (Pape et al. 2010), ebenso ist die fettige Infiltration der Rotatorenmanschettenmuskulatur ein ungünstiges prognostisches Kriterium und spricht beim älteren Patienten eher für die Indikation zur inversen Endoprothese (Moineau et al. 2012).
Auch wenn die anatomische Schulterendoprothetik für die Therapie von Frakturfolgezuständen aufgrund des breiten Einsatzes inverser Schulterendoprothesen eine zunehmend geringere Rolle spielt, so existieren doch klare Vorteile für diese weniger invasive Versorgungsform, die häufig auch ohne die Versorgung des Glenoids auskommt.
Wie bei allen anatomischen Schulterendoprothesen ist eine intakte Rotatorenmanschette die Grundvoraussetzung für eine gute Stabilität und Funktion. Der Status der Rotatorenmanschette sollte daher präoperativ durch Magnetresonanztomografie evaluiert werden. Anhand der Magnetresonanztomografie können präoperativ auch Entscheidungen bezüglich der notwendigen Implantation einer Pfannenkomponente getroffen werden.
Die posttraumatische Humeruskopfnekrose mit intaktem Glenoid stellt eine der wenigen Indikationen für die Versorgung mit einer Hemiendoprothese dar. Bei fortgeschrittener posttraumatischer Arthrose oder sekundären Schäden des Glenoids durch perforierendes Osteosynthesematerial muss eine Pfannenkomponente implantiert werden.
Das technische Vorgehen für die Implantation einer anatomischen Schultertotal- oder Hemiendoprothese weicht dabei nicht wesentlich von der primären Versorgung einer Omarthrose ab. Allerdings müssen Besonderheiten der jeweiligen Folgezustände beachtet werden.
Beim Frakturfolgezustand Typ 1 empfehlen sich schaftfreie Implantate, da die Implantation unabhängig von der Schaftachse erfolgen kann. Iatrogene intraoperative Schaftfrakturen oder Perforation der proximalen Diaphyse können so vermieden werden. Bei osteoporotischer Knochenstruktur ohne sklerosierter Schafteingangsebene kann eine zementierte oder zementfreie Schaftkomponente erforderlich sein.
Für verhakte Luxationen vom Frakturfolgezustand Typ 2 bestehen Gefahren für den operativen Zugang. Durch die verhakte Konstellation ist die knöcherne und weichteilige Anatomie verändert. So liegt der Humeruskopf bei der dorsal verhakten Luxation in weit dorsal in Innenrotationsstellung, wodurch die Pfanne leer ist und die Subskapularissehne sich nicht wie üblich darstellen und tenotomieren lässt. Zusätzlich kann der N. axillaris in dieser Konstellation ungewohnt weit lateral verlaufen und sollte daher unbedingt identifiziert werden. Bei langer bestehender Luxation ist die verminderte Festigkeit der Knochenstruktur des Glenoids zu beachten.
Bei der Therapie mit einer anatomischen Schulterendoprothese sollte eine spätere Konversion auf eine inverse Endoprothese einkalkuliert werden. Bei Verwendung von Schaftkomponenten empfiehlt sich daher der Einsatz modularer Systeme, die ohne Schaftwechsel auf eine inverse Endoprothese konvertiert werden können.

Therapie von Frakturfolgezuständen mit inversen Schulterendoprothesen

Die inverse Schulterprothese eignet sich in besonderem Maße für die extrakapsulären Frakturfolgezustände Typ 3 und Typ 4 nach Boileau (Boileau et al. 2006). Die Teilkopplung der Komponenten führt zu einer erhöhten Stabilität, die bei einer insuffizienten Rotatorenmanschette und einer geschädigten metaphysären Region erforderlich ist. Gerade in dem häufig betroffenen älteren und weiblichen Patientenkollektiv stellt die inverse Schulterendoprothese eine definitive Versorgungsoption dar. Allerdings müssen potenzielle Komplikationen wie die Instabilität oder die Infektion im Zusammenhang mit dieser anspruchsvollen Technik beachtet werden.
Zur besseren Übersicht bei der veränderten Anatomie und zur Durchführung eines adäquaten Kapselrelease sollte die Implantation über einen deltopektoralen Standardzugang und nicht über einen anterosuperioren Zugang erfolgen.
Auch wenn die Tuberkula erheblich verändert und disloziert sind, sollten sie möglichst erhalten und ähnlich wie bei der akuten Frakturversorgung mit einer inversen Schulterprothese mit nicht resorbierbaren Fäden oder Cerclagen adaptiert werden. Dieses Prozedere hat gegenüber der technisch leichteren Resektion der Tuberkula den Vorteil, dass der metaphysäre Knochendefekt geringer gehalten und die Stabilität erhöht wird. Zusätzlich besteht die Aussicht auf eine bessere postoperative Funktion, wenn Anteile der Rotatorenmaschette noch funktionstüchtig sind. Die Supraspinatussehne sollte tenotomiert werden, um kein postoperatives Impingement bei der Abduktion zu verursachen.
Ein weiterer Vorteil des Erhalts der Tuberkula besteht darin, dass die Endoprothesenhöhe besser eingeschätzt werden kann. So kann einem Over- oder Understuffing entgegengewirkt werden.
Ähnlich wie bei der anatomischen Endoprothetik gilt auch für die inverse Endoprothetik im Rahmen von Frakturfolgezuständen, dass die anatomischen Strukturen stark verändert sind und daher die Endoprothesenimplantation erschwert ist. Deshalb ist eine sorgfältige präoperative Planung mittels Computertomografie empfehlenswert, um sich die knöchernen Verhältnisse des proximalen Humerus und des Glenoids zu vergegenwärtigen. Idealerweise sollte die Implantation der Endoprothesenkomponenten präoperativ anhand von skalierten digitalen Röntgenbildern geplant werden, um die Größe und die Implantationshöhe abzuschätzen. Eine 3D-gestützte Planung ist bei einliegendem Osteosynthesematerial bislang nicht möglich.
Die Implantation der Basisplatte für die Glenosphäre kann erschwert sein, wenn perforierende Schrauben das Glenoid geschädigt haben. In diesen Fällen müssen Basisplatten mit langen Zapfen und Verankerungsschrauben mit der Möglichkeit eines Knochenaufbaus vorgehalten werden. Bei nicht rekonstruierbarem Glenoid stellt die Implantation einer Großkopfhemiendoprothese ohne Pfannenkomponente eine Rettungsstrategie dar.
Mittlerweile sind auch für die inverse Schulterendoprothese schaftfreie Implantate erhältlich. Auch wenn diese theoretisch eine gute Option bei sklerotischer Metaphyse darstellen, sollten sie nicht für die Therapie von Frakturfolgezuständen vom Typ 3 und Typ 4 angewendet werden, da die frakturbedingt veränderte Anatomie keinen ausreichenden Halt garantieren kann.
Vor allem Situationen mit nahezu vollständiger Zerstörung der Metaphyse und auch der proximalen Diaphyse des Humerus erschweren das Abschätzen der Implantationshöhe. In diesen Fällen empfehlen sich zementierte Endoprothesen mit langem Schaft. Vor Zementierung der Schaftkomponente müssen die Probekomponenten gemeinsam mit der Glenosphäre hinsichtlich der korrekten Endoprothesenhöhe getestet werden.
Die im Rahmen der Präparation angefallene Spongiosa kann nach Implantation der Endoprothese genutzt werden, um knöcherne Defekte der metaphysären Region aufzufüllen.

Postoperative Nachbehandlung

Da keine einheitliche Richtlinie für die Nachbehandlung nach operativen Eingriffen für Frakturfolgezustände bestehen, können an dieser Stelle nur Empfehlungen geäußert werden. Die Nachbehandlung wird individuell an die Bedürfnisse und die Compliance des Patienten und an den intraoperativen Befund angepasst.
Die postoperative Nachbehandlung nach gelenkerhaltenden Eingriffen ist für die betroffenen Patienten meist aufwendiger, da Konsolidierungszeiten abgewartet werden müssen, bevor mit der funktionellen Beübung begonnen werden kann. Nach Refixation der Tuberkula mittels Fadenankersystemen oder Plattenosteosynthese empfiehlt sich eine restriktive Nachbehandlung ähnlich wie nach einer Rotatorenmanschettenrekonstruktion. Eine Abduktionsorthese sollte für 6 Wochen getragen werden. Während die assistive Beübung nach 3 Wochen aus der Orthese heraus beginnt, kann erst nach 6 Wochen mit der eigenständigen aktiven Beübung begonnen werden, sofern die Röntgenbilder nicht auf eine verzögerte Konsolidierung hinweisen.
Anatomische Schulterendoprothesen bei Frakturfolgezustände vom Typ 1 und Typ 2 werden analog zur anatomischen Primärendoprothetik für 3 Wochen in einer Abduktionsorthese ruhiggestellt. Anschließend beginnt die aktive Beübung mit Restriktion der aktiven Innen- und passiven Außenrotation.
Auch wenn inverse Schulterendoprothesen für eine unmittelbar postoperativ einsetzende funktionelle Therapie geeignet sind, empfiehlt sich im Rahmen von Frakturfolgezuständen ein restriktiveres Vorgehen. So kann möglichen Komplikationen wie Hämatomen und Luxationen vorgebeugt werden. Die Abduktionsorthese sollte daher analog zu anatomischen Endoprothetik für 3 Wochen eingesetzt werden. Erst dann kann mit der aktiven Übungsbehandlung begonnen werden.

Ergebnisse konservativer und operativer Therapiemaßnahmen

Während zahlreiche Studien die konservative und die operative Therapie akuter Frakturen des proximalen Humerus vergleichen, ist die Datenlage der konservativen Therapie in Zusammenhang mit Frakturfolgezuständen rar.
Für die arthroskopische Therapie von in Fehlstellung verheilten Tuberkula mit nachfolgender Rotatorenmanschettenrekonstruktion konnte eine deutliche Funktionsverbesserung nachgewiesen werden (Martinez et al. 2010). Auch das arthroskopische Kapselrelease und die arthroskopische Rotatorenmanschettenrekonstruktion führen bei Frakturfolgezuständen in den meisten Fällen zu einer Wiedererlangung des ursprünglichen Aktivitätslevels (Kim und Ha 2000).
Reosteosynthesen mittels winkelstabiler Platten und Beckenkammspongiosa bei Pseudarthrose nach osteosynthetischer Versorgung führten in einer Studie mit 27 Patienten in 93 % zu einer knöchernen Konsolidierung (Aytac et al. 2014). Für die Frakturfolgezustände Typ 2–4 wurde für ein kleines Patientenkollektiv nach 19 Monaten ein befriedigender adaptierter Constant-Score von 75 % ermittelt (Lill et al. 2015).
Nach Versorgung von Frakturfolgezuständen mit einer anatomischen Schulterendoprothese wurden die größten Funktionsverbesserungen für die Frakturfolgezustände Typ 1 und Typ 2 beobachtet. Hier war auch die Schmerzreduktion am deutlichsten. Für die Frakturfolgezustände Typ 3 und 4 fielen die Ergebnisse schlechter aus, auch wenn im Vergleich zum präoperativen Status noch immer eine deutliche Funktionsverbesserungen ermittelt wurde (Boileau et al. 2001).
Die Versorgung von Frakturfolgezuständen Typ 3 mittels inverser Schulterendoprothese erzielte nach 4 Jahren eine mittlere Steigerung des Constant-Scores von 32 Punkten (von 14 auf 46 Punkte). Die Komplikationsrate betrug 41 % (Raiss et al. 2014). Die gleiche Autorengruppe stellte nach Behandlung von Frakturfolgezuständen Typ 4 mittels inverser Schulterendoprothese nach 4 Jahren eine Verbesserung des Constant-Scores von 35 Punkten fest (von 20 auf 55 Punkte), während die Komplikationsrate 9,5 % betrug (Raiss et al. 2016).

Komplikationen, Komplikationsmanagement, inklusive Revisionsstrategien

Bei der Versorgung von Frakturfolgezuständen des proximalen Humerus handelt es sich um Revisionseingriffe, die mit einer erhöhten Komplikationsrate einhergehen. Neben allgemeinen Komplikationen wie der Infektion, dem oberflächlichen oder tiefen Wundinfekt und neurovaskulären Komplikationen bestehen spezifische Komplikationen für die verschiedenen Operationstechniken.
Die Reosteosynthese ist mit einem erhöhten Risiko für eine erneute Pseudarthrose, eine Knochennekrose und eine erneute Fragmentdislokation mit fakultativem Osteosyntheseversagen verbunden. Diese Komplikationen sollten durch engmaschige klinische und radiologische Verlaufskontrollen frühzeitig erkannt werden, um eine adäquate Therapie einleiten zu können. Im Falle einer ausbleibenden knöchernen Konsolidierung kann eine erneute Osteosynthese in Kombination mit einer Spongiosaplastik in Erwägung gezogen werden. Die Stabilität kann durch ein intramedulläres Strutgraft oder eine Doppelplattenosteosynthese erhöht werden.
Anatomische Hemiendoprothesen sind im Rahmen von Frakturfolgezuständen ebenfalls mit spezifischen Komplikationen verbunden. So können bereits intraoperativ periprothetische Frakturen der Metaphyse und der proximalen Diaphyse auftreten. Diese knöchernen Verletzungen können zwar durch Cerclagen oder Schrauben im Rahmen der Endoprothesesimplantion behandelt werden, sind jedoch Risikofaktoren für eine unbefriedigende postoperative Funktion und Folgeoperationen. Schädigungen der Rotatorenmanschette können neben dem Funktionsdefizit zu einer statischen oder dynamischen Endoprotheseninstabiltität mit exzentrischem Verschleiß des Glenoids führen.
Die progrediente Arthrose des Glenoids kann aber auch bei adäquat implantierten Hemiendoprothesen mit initial intaktem Glenoid entstehen. In diesen Fällen besteht neben der sekundären Pfannenimplantation die Option zu Konversion auf ein inverses Endoprothesenmodell. Die sekundäre Nekrose der Tuberkula und die Rotatorenmanschetteninsuffizienz lassen sich durch einen Wechsel auf eine inverse Endoprothese behandeln.
Bedeutende spezifische Komplikationen inverser Schulterendoprothesen bei Frakturfolgezuständen sind die Endoprotheseninstabilität, die Akromionfraktur und Infektionen. Die Endoprotheseninstabilität kann durch eine ungenügende Vorspannung auf den Deltamuskel und die Conjoint-tendons oder Weichteil- und Knocheninterponate, die ein luxationsförderndes Hypomochlion darstellen, hervorgerufen werden. Auch die Auswahl zu kleinen Komponenten und ein ausgeprägter metaphysärer Knochendefekt begünstigen eine Instabilität. Therapeutisch sollte bei rezidivierenden Luxationen ein Revisionseingriff mit Wechsel auf ein größeres und retentives Inlay, nebst Resektion luxationsfördernder Interponate und Glenosphärenvergrößerung erfolgen. Die korrekte Höhe der Prothese ist durch skalierte Aufnahmen mit der Gegenseite zu überprüfen. Ist die Spannung auch mit dem größten Inlay noch nicht ausreichend, können Spacer den metaphysären Anteil inverser Endoprothesen weiter aufbauen. Skapulastressfrakturen sind im Rahmen inverser Schulterprothesen durch die erhöhte Vorspannung auf den Deltamuskel keine Seltenheit (Crosby et al. 2011). Durch die grundsätzlich gewünschte Stabilität inverser Endoprothesenmodelle bei Frakturfolgezuständen steigt das Risiko für Stressfrakturen weiter an. Bei Dislokation und therapierefraktärer Schmerzsymptomatik erfolgt in diesen Fällen eine operative Stabilisierung mittels winkelstabiler Platten.
Grundsätzlich gilt auch für Frakturfolgezustände, dass eine optimale präoperative Planung anhand bildgebender Verfahren das Komplikationsrisiko senken kann. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass der Operateur alle Verfahren von der Osteosynthese über die anatomische bis zur inversen Schulterendoprothese beherrscht und die entsprechenden Materialien für den Eingriff zur Verfügung stehen.

Ausblick und Zukunftsperspektiven

Um weniger Frakturfolgezustände des proximalen Humerus trotz alternder Gesellschaft versorgen zu müssen, müsste die Primärversorgung proximaler Humerusfrakturen weiter optimiert werden. Hierfür fehlen bislang eindeutige Therapieempfehlungen. Klare Behandlungspfade mit Einschluss sämtlicher konservativer und operativer Behandlungsalternativen gegenüber der derzeit vorherrschenden sehr individuellen Versorgung würden vorbeugen.
Für die endoprothetische Versorgung von Frakturfolgezuständen können individuelle Implantate, die Anhand präoperativer Computertomografie erstellt werden, hilfreich sein. Knochendefekte könnten in diesem Zusammenhang durch integrierte trabekuläre Metallstrukturen ausgeglichen werden. Für die Präparation des Humerus und des Glenoids werden gerade für Frakturfolgezustände individuell angefertigte Schnittblöcke und Fräsführungen eine zunehmend größere Rolle spielen.

Fazit für die Praxis

Frakturfolgezustände stellen eine große Herausforderung in der Schulterchirurgie dar. Neben den knöchernen Deformitäten ist vor allen Dingen die Integrität der Rotatorenmanschette für die weitere Therapieplanung von Bedeutung. Neben gelenkerhaltenden Therapieoptionen wie der Korrekturosteotomie kann oftmals die anatomische und die inverse endoprothetische Versorgung des Schultergelenkes erforderlich werden.
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